Vor einiger Zeit hatte ich die Möglichkeit mit dem neuen Renault Megane RS ein paar Runden über den Sachsenring zu jagen, um genau zu sein, hatte ich die Möglichkeit mit zwei RS über den Sachsenring zu jagen. Der eine hatte die gewohnte 6-Gang Schaltkulisse, der andere das neue Doppelkupplungsgetriebe. Ein sonniger Tag mit ein bisschen Stirn- und Handschweiß, sowie einer glasklaren Erkenntnis.
Der neue Megane RS
Die ganz wilden Tage was Optik und Spoilerwerk betrifft scheinen bei Renault vorbei zu sein und auch der Sprung auf 280 PS war eher homöopathisch als außergewöhnlich, hatte doch der Vorgänger je nach Baujahr und Ausstattung schon irgendwie zwischen 250 und 273 Pferchen unter der Haube verpackt. Dazu auch noch das allgegenwärtige Downsizing, so sind von den ehemals 2 Litern Hubraum nur noch 1,8 Liter übrig geblieben. Immerhin ist laut Datenblatt das maximale Drehmoment auf 390 Nm gestiegen. Klingt alles solala und nicht dass wir uns falsch verstehen, ich mag die RS Modelle und ich mochte den alten Megane aber das liest sich alles nur so Mittel in einer Welt in der die Kompakten schon längst die 300 PS Marke geknackt haben. Aber immerhin haben die RS jetzt Allradlenkung und ein Doppelkupplungsgetriebe soll es auch geben, also mal gucken.
Erstkontakt
Eine ganze Reihe Megane steht bereit, etwa 6-10 Fahrzeuge. Vollfettstufe, bis zu 60mm verbreitete Kotflügel und nett gemachte Schürzen stehen dem Kleinen nicht schlecht. Ich bekomme zuerst einen Wagen mit Doppelkupplungsgetriebe und klettere mal hinein. Positive Überraschung! Was mich beim Vorgänger immer abgehalten einen zu kaufen war der, vorsichtig gesagt, sehr rustikale Innenraum. Selbiger ist hier wie weggeblasen. Aufhübschungskur um 100 Prozent gelungen, Patient lebendig. Ein großes Tablet-artiges Display in der Mitte ist der neue Blickfang und auch der Rest wirkt passend für ein modernes Fahrzeug um die 40.000 Euro. Auftrag: Wir fahren erst mal tanken, was bedeutet wir machen einen kleinen Ritt über die Landstraße, um uns an die Autos zu gewöhnen. Aus dem Walkie Talkie hört man ab und an den Instruktor, ansonsten ist es flüsterleise im Innenraum, bis auf den Sportauspuff, der halt ok ist, so wie sozialverträgliche Sportwägelchen mit Downsizing-Motor heute gemacht werden, damit der Autohasserfraktion nicht schon beim Anlassen das Müsli aus dem Gesicht fällt.
Racemode
Kurz darauf sind wird zurück am Sachsenring. Helm auf und auch wenn man schon ab und zu auf der Strecke war, für mich ist es immer wieder ein schweißtreibender Adrenalinschock aus der Boxengasse zu schießen. Ein paar Runden versuche ich mit dem DSG Wagen dem Instruktor zu folgen was in etwa so unmöglich ist wie einen Elefant durchs Nadelöhr zu schieben. Mein Wagen ist auf Race Mode, mein Kopf ist auf Race Mode und das Doppelkupplungsgetriebe arbeitet sauber. Ich aber habe trotzdem keine Chance den Typ vor mir einzuholen. Spätestens am nächsten Kurvenausgang macht der wieder eine gefühlte Meile gut auf mich. Ich frage mich ob er schon das Trophy Modell mit 300 PS fährt oder obs an mir liegt, ich glaube es liegt an mir.
Schalter oder Doppelkupplung
Nachdem ich schon, ohne dass ich mich beim schalten blamieren konnte, kein Land gesehen habe, steige ich also in den Wagen mit der manuellen 6-Gang Box um. Der Wagen verfügt außerdem über das Cup Paket, welches es nur für die Version mit Handschalter gibt. Das bedeutet vor allem ein auf die Rennstrecke abgestimmtes Fahrwerk und eine mechanische Differentialsperre an der Vorderachse. Von den ersten Meter an gefällt mir der Wagen viel besser! Er hat etwas von seinen alten wilden Vorgängern aber ohne dessen knöchernen Innenraum. Man kann vielleicht sagen ich wäre Oldschool, aber sportliche Kompaktwägen brauchen eine Handschaltung ansonsten neigen sie zu Langeweile. Das ist subjektiv, nicht näher begründbar aber auch hier einmal mehr zu 100 Prozent meine Meinung. Der Cup macht so viel Laune, dass ich richtig traurig bin, als ich raus gewinkt werde. Den Instruktor habe ich natürlich wieder nicht erwischt aber immerhin konnte ich stolz auf mich sein, ein paar gute Schaltpunkte erwischt zu haben. Ehrliche Arbeit wird eben doch belohnt, wenn auch nur im eigenen Kopf.
Kaufen oder nicht?
Kompaktsportler sind immer eine heiße Versuchung, verbinden sie doch Alltagsnutzen, innenstadtverträgliche Maße und Spaß zu einer ganz eigenen Kunstform. Der Renault macht hier absolut keine Ausnahme. Manuell und mit Cup Paket ist er definitiv für einige spaßige Track Days gut und für die Landstraße sowieso. Generell ist der RS aber auch ein "erwachsen" gewordenes Reiseauto in dem es sich gut sitzt und gut lebt. Ob man sich am Ende für den Renault oder für ein Konkurrenzprodukt entscheidet ist vermutlich eine persönliche Entscheidung des Geschmacks. Ich mag ihn jedenfalls, den kleinen Franzosen.
Text: Andreas Leffler, Bilder: Andreas Leffler, Carina Kell